Hl. Barbara
Zur Erinnerung an den 70.
Todestag.
„ Das größte Opfer aber
ist die Hingabe des
Lebens
an die Gemeinschaft.“
So steht es auf dem
Gedenkstein des Neuroder Friedhofs.
Am 10. Mai 1941 kamen
durch einen Kohlensäureausbruch
auf der Rubengrube in
Kohlendorf bei Neurode 187 Knappen ums Leben.
Niemand ist je vergessen „
Glück Auf ! “
Der Kohlensäureausbruch auf dem Kurtschacht der Wenzeslausgrube in Hausdorf.
Der Ausbruch auf dem Kurtschacht in Hausdorf am 9. Juli des Jahres 1930 dem etwa 151 brave Bergleute zum Opfer gefallen sind, hat sich nicht beim Schießen, sondern während der Arbeitszeit ereignet. Wodurch dieser Ausbruch ausgelöst worden ist, ist zurzeit noch unbekannt und wird vielleicht nie ganz aufgeklärt werden können. Die Erfahrungen, die durch lange erfolgreiche Übung bestätigt waren, scheinen zunächst über den Haufen geworfen zu sein. Es ist zu hoffen, dass es den Arbeiten des ständigen Ausschusses zur Erforschung der Kohlensäureausbrüche Niederschlesiens gelingt, auch dieses schmerzliche Rätsel zu lösen.
Dieses ist ein Auszug aus der Zeitung Hochwald und Eule aus dem Jahre 1934.
Die Namen der verunglückten Bergleute aus Hausdorf |
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Bartsch Max |
Baumgarten Hubert |
Beck Heinrich |
Berke Paul |
Bittner Wilhelm |
Bleil Josef |
Fiedel Franz |
Fiedel Paul |
Fischer Gustav |
Folgner Heinrich |
Franke Alois |
Furmann Alfons |
Furmann Heinrich |
Gebauer Paul |
Geckert Robert |
Gottschlich Paul |
Göbel Richard |
Göppert Heinrich |
Grieger Franz |
Grieger Paul |
Großmann Heinrich |
Hanel August |
Hannig Heinrich |
Hattwig Adolf |
Hardwich Paul |
Hauck Franz | Herzig August | Hoffmann Adolf | Hoffmann Friederich | Hoffmann Herbert |
Hübner Emil | Hübner Josef | Jaschke Max | Jedeck Franz | Just Emil | Just Heinrich |
Kastner Anton | Kirchner Paul | Köpper Adolf | Kroll Johann | Kunhnert Adolf | Linke Richard |
Luscher Adolf | Meichsner Felix | Meichsner Josef | Migenda Gerhard | Müller Max | Olbrich Alfred |
Olbrich August | Olbrich Franz | Opitz Alfred | Opitz Emil | Opitz Erich | Pätzold Gustav |
Pohl Franz | Pohl Hermann | Pohl Max | Polzer Adolf | Polzer Johann | Ratfelder Eduard |
Richter Anton | Riedel Paul | Rather Josef | Rudolf Adolf | Schiller Karl | Schloms Franz |
Schloms Wilhelm | Schmidt Heinrich | Schreiber Josef | Schreiber Paul | Schwarz Richard | Schwarzer Heinrich |
Schwertner Clemens | Siegmund Paul | Sindermann Paul | Spitzer Josef | Stiller August | Stiller Josef |
Süsmut Franz | Süssmuth Richard | Taubitz Heinrich | Ullrich Ernst | Völkel Adolf | Wagner Franz |
Weigang Richard | Wiedemann Fritz | Wolf Paul | Wunsch Franz | ||
Kunzendorf |
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Bothe Wilhelm | Friedel Paul | Fischer Reinhold | Gaber Karl | Gebauer Hermann | Gellrich Ernst |
Gottschlich Richard | Güttner Georg | Hasler Hermann | Herden Josef | Kaulig Josef | Krüger Karl |
Löffler Ewald | Meichsner Josef | Pischler Leopold | Postler Ernst | Reimann Josef | Rother Heinrich |
Wahl Alfred | Weltschek Heinrich | Wiedemann Friederich | Wilschek Franz | ||
Neurode |
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Andres Friederich | Band Paul | Bartsch Waldemar | Birke Max | Brand Alfred | Götz Bruno |
Fichtner Robert | Herden Heinrich | Herzig Richard | Kahlert Ernst | Polazek Clemens | Tatzel Johann |
Tschöpe Josef | Urner Franz | Vezens Ferdinand | Weiss August | Wiedemann Richard | Wolf Anton |
Würfel Theophil | Wunsch Paul | ||||
Volpersdorf |
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Gebauer Bernhard | Kleiner Hermann | Kleiner Josef | Köhler Josef | Nowak Edmund | Ritter Josef |
Schmidt Ernst | |||||
Ebersdorf |
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Friebe Hermann | Scholz Paul | ||||
Obersteine |
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Prause Paul | Scholz Adolf | ||||
Niedersteine |
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Bittner Franz | |||||
Eckersdorf |
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Hauck Max | |||||
Fredersdorf |
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Franz Paul | |||||
Niederh######ansdorf |
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Grehl Alfons | |||||
Wiesenthal |
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Hübner Alfred | |||||
Reichenbach Schlesien |
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Mittmann Alfred |
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Reichenstein Schlesien |
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Wachsmann Paul | |||||
Kandrzin Tschechei |
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Maschke Georg |
Volksblatt
Für Stadt und Land
Nr. 56-1930 |
Geschäftsstelle: Neurode, Schweidnitzer-
str. 7 |
Sonnabend, den 12. Juli |
Inseratenannahme bis
Denstag und Freitag Vormittag 10 Uhr. |
25.Jahrgang |
Furchtbares Unglück
Auf dem Kurtschacht in
Hausdorf.
151 Tote, davon noch zirka 50
eingeschlossen.
59 lebend, zum Teil schwer verletzt, geborgen.
Das größte
Kohlensäureunglück, das je in einem Bergwerk Europas zu verzeichnen ist.
(Von unserem örtlichen Mitarbeiter)
Als die
Schreckensnachricht das Dorf durcheilte!
Nachdem erst am 27. Juni im
Kurtschacht beim 2.800 Meterpfeiler ein kleiner Kohlensäureausbruch
stattgefunden hatte, ohne Schaden anzurichten, erfolgte am Mittwoch gegen 19
Uhr beim 2.400 Meter-Pfeiler, etwa im sog. Liehrgrund-Flöz, ein erneuter
gewaltiger Ausbruch, der bisher unbekannte Ausmaße annahm. Einem
Förderaufseher, der mehrere hundert Meter entfernt sich aufhielt, wurde
Kohlenstaub ins Gesicht geschleudert. Er meldete dies telefonisch weiter, doch
hielt man zunächst einen Ausbruch kaum für möglich. Der Steiger Schwerdtner veranlasste dann den
weiteren Alarm.
Inzwischen war es bereits 5 ¼
geworden. Sofort eilten die Feuerwehren, Sanitätskolonnen, Arbeitersamariter
und Rettungsmannschaften aus der näheren und weiteren Umgebung herbei, letztere
aus Hausdorf, Kohlendorf, Schlegel und Waldenburg. Landjägerei und Feuerwehr
versahen den Absperrdienst.
Die Rettungsarbeiten
Die ersten Opfer, welche man lebend
bergen konnte, gehörten vor allem der 18. Abteilung an, von der 120 Mann
eingefahren waren, weitere der Schacht- u. der Maschinenabteilung. Unermüdlich
brachte man die Bergleute zu zweien auf den Förderwagen ans Tageslicht, mit
bleichen, fast leblosen Gesichtern und zitternden Gliedern. Sie wurden sofort
von den zahlreich anwesenden Ärzten und Sanitätsmannschaften betreut und in
Decken gehüllt, durch Autos nach dem Knappschaftslazarett und dem städt.
Krankenhaus „Maria Hilf“ in Neurode gebracht. Man hofft, sie durch aufopfernde
Pflege am Leben erhalten zu können.
Dorthin brachte man auch die immer
mehr anwachsenden Todesopfer, bei
denen stundenlange Wiederbelebungsversuche durch künstliche Atmung erfolglos
blieben. Da die beiden Anstalten gar bald überfüllt waren, musste man auch das
Ludmillastift in Ludwigsdorf und das Johannesstift in Hausdorf zu Hilfe nehmen. Schließlich wird auch ein Teil der
Leichen in der Leichenhalle des Neuroder Friedhofes untergebracht.
Im weiteren Verlauf des Abends ging
man dazu über, die rettungslos verlorenen Opfer auch durch den
Kunigundenschacht in Mölke
herauszubefördern. Noch immer fehlten aber fast ganz die Angehörigen der 17. Abteilung, die 73 Mann – fast
durchweg Hausdorfer – stark war. Allmählich wurde es zur grausigen Gewissheit,
dass diese wohl der Ausbruchstelle am nächsten sich befunden hatten und wohl niemals mehr das Licht der Sonne erblicken
sollten. Die bisher Geborgenen waren größtenteils schon auf der Flucht vor dem todbringenden Gift
gewesen, die jedoch für viele fruchtlos verlief.
Nicht nur die ungeheuren Gesteinsmassen mit denen die Gänge
vielfach angefüllt sind, sondern vor allem die unheimliche Ausbreitung der Kohlensäure auf schätzungsweise etliche 1.000 Meter
behinderte das weitere Vordringen der Retter außerordentlich. Da die Gase sogar
bis zum Schachteingang vordrangen, mussten die Arbeiten nach Mitternacht unterbrochen werden. Am Morgen konnte
man allmählich damit beginnen, den Schacht zu reinigen und die Bergung
fortzusetzen. Gegen Mittag brachte man weitere 5 Opfer ans Tageslicht, allerdings
tot. In der Nacht von Donnerstag zu Freitag gelang es, noch weitere 12 Männer
zu bergen.
Nach alledem ist es wohl sicher, was
wir schon befürchten mussten: dass die noch Eingeschlossenen – etwa 50 an der
Zahl – diesem Leben nicht mehr
wiedergegeben werden können. Der
grausame Tod hat sie hinweggerafft.
Die
unglücklichen Opfer.
Schreckliche
ergreifende Szenen waren es, die sich nach Bekannt werden der Katastrophe an
den Grubentoren abspielten. Viele Hunderte von Menschen harrten angstvoll auf
Nachricht über das Schicksal ihrer Angehörigen. Verzweifelte Schreie erschallen,
wenn hier eine Frau ihren Lebensgefährten unter den Opfern wieder sah, oder der
den geliebten Bruder, jener den treuen Freund vermisste. Unbeschreiblich war
der Jammer der verlassenen Kinder, die vergeblich nach dem Vater riefen.
Wie unbarmherzig der Schnitter Tod
gewütet hat, das mögen einige Beispiele
deutlich machen.
Die meisten der Toten stammen aus Hausdorf wo es wenig Häuser geben mag,
die ohne Trauer sind. Ja aus manchen sind 2, 4, 6 oder gar 8 unter denen, die
nimmer heimkommen. Auch Kunzendorf,
Neurode und Ludwigsdorf beklagen zahlreiche Opfer. Die meisten stehen
im Alter von 20 bis 50 Jahren und sind Familienväter.
Einer Familie wurden der Vater und
zwei Söhne entrissen, einer anderen Vater und Sohn. Ein Wittwer, der seine
Gattin vor 2 Jahren verlor, hinterlässt einen 9-jährigen Knaben. Und eine
andere Familie trifft gar der Verlust von vier ihrer männlichen Mitglieder!
Rücksichtslos waltete das Geschick.
Ein Silberbräutigam wollte in 6 Wochen seinen Dienst, den er ein Menschenalter
pflichttreu versehen hatte, aufgeben – nun raffte ihn der Sensenmann dahin! Ein
andere hatte sich vor 3Wochen eine kleine Wirtschaft in Ludwigsdorf gekauft –
er wird sie niemals wieder sehen, - ein dritter baute sich ein eigenes Heim.
Ein Bergmann tauschte nichts ahnend die Schicht mit einem Kameraden, und es
wurde ihm zum Verhängnis. Bei den Rettungsarbeiten hatte Steiger Hoffmann das
Unglück, mit der Starkstromleitung in Berührung zu kommen und dadurch getötet
zu werden.
Bereits am Mittwoch weilten der
kommissarische Landrat Dr. Middelhause
– Neurode und Generaldirektor Dr.
Gaertner – Mölke auf dem Kurtschacht. Weiter erschienen vom Oberbergamt
Breslau die Oberbergräte Weber und Sindermann, sowie Bergräte Schrader u. Heinke vom Waldenburger
Bergamt u. Erster Bergrat Werne. Von
der Breslauer Regierung wurde Vizepräsident Schwedy entsandt, von der Staatsanwaltschaft Glatz Oberstaatsanwalt
Ludwig. Später traf auch
Oberpräsident Lüdemann ein.
Die Fachleute stellten eine
Untersuchung unter Tage an, auf welche Weise die Rettungsarbeiten fortgesetzt
werden können. Die Entstehungsursache konnte noch nicht ermittelt werden, da
man den Ausbruchsherd nicht erreichen kann.
Der Betriebsführer Wolf hatte am Mittwoch eine
Urlaubsreise angetreten. An seiner Stelle waren die Fahrsteiger Weiß und Sonka tätig, in der Mittagsschicht Steiger Schwerdtner, den ebenfalls der Tod ereilte. Er stand kurz vor
seiner Verheiratung und hatte erst am Mittwochmorgen mit seiner Braut das neue
Heim besichtigt.
Die Belegschaft fuhr am Donnerstag
früh nicht an.
*
Der
lautlose Schmerz der Bevölkerung und die Pflichttreue der übrigen Belegschaft
und der Rettungsmannschaften.
Obwohl die Schreckenskunde vom
Grubenunglück das ganze Dorf und die weitere Umgebung in ungeheure Aufregung
versetzt hatten und hunderte von Menschen den Kurtschacht belagerten, herrschte
eine außerordentliche anerkennenswerte Ordnung, Ruhe und Gefasstheit aller, die
das Unglücksgelände umstanden. Nur leise wurde gesprochen, fieberhaft
arbeiteten die Ärzte, Sanitäter und Privatpersonen und versuchten den auf dem
Platz vor dem Zechenhaus auf Stroh gelagerten noch lebenden Opfer die erste
Hilfe zuteil werden zu lassen, nur das Geratter der Autos, die die Verunglückten
so schnell als möglich ins Lazarett beförderten und bange Fragen der
Angehörigen, ob ihr Mann, Vater, Sohn oder Schwiegersohn schon heraufgebracht
sei, unterbrachen die unheimliche Stille. Als sich die Nacht über das
Unglücksdorf senkte, leerte sich teilweise der Platz auf dem Kurtschacht und
wer zu späteren Stunde durch`s Dorf ging, sah überall Licht und hörte wohl
leises Weinen und Klagen aus den Häusern dringen, aber alles blieb ruhig und
gefasst, Besonders hervorgehoben zu werden verdient die aufopferungsvolle,
selbstlose Arbeit der Rettungsmannschaften sei es von Seiten der
Betriebsleitung oder der Rettungsleute, die der eigenen Gefahr nicht achtend,
immer wieder in die Tiefe fuhren, um den Bedrängten Hilfe zu bringen. Von welch
einem Pflichtbewusstsein auch die noch übrige Belegschaft beseelt war, zeigt
dass die Nachtschichter sich sogar zur Schicht bereit gemacht hatten und ein
Teil auch in Mölke eingefahren ist. Und wenn man so etwas sieht, kann man es
verstehen, dass die gesamte organisierte Arbeiterschaft und die Einwohnerschaft
von Hausdorf es ablehnt, sich, wie es am Donnerstag Abend der Fall war, von per
Auto zugereisten fremden Elementen und Agilationsrednern, die alle nur keinen
Arbeitern ähnlich sahen, in ihrem tiefen Leid und Schmerz aufpeitschen zu
lassen. Mit großer Fassung und Ergebenheit ist bis jetzt das große Leid, das
der Himmel über uns verhängte, getragen worden. Möge der Allmächtige allen
weiter die Kraft geben, die Prüfungslage zu bestehen und helfende opferwillige
Nächstenliebe und tiefstes Mitgefühl aller werden versuchen, den ersten Schmerz
und die große Not zu lindern.
Die
Anteilnahme der gesamten Welt!
Schon am Mittwoch, kurze Zeit nach
Bekannt werden des grausigen Geschehens, läutete das Telefon der hiesigen
Gemeindeverwaltung ununterbrochen. Aus Breslau, Berlin,Leipzig, Dresden, ja
sogar aus Kopenhagen, der Hauptstadt Dänemarks, wurde hierorts angeläutet und
ein ¼ stündiges Gespräch geführt. Heut früh traf die Nachricht ein, dass
daselbst eine Sympathie-Trauerkundgebung stattgefunden hat und eine Hilfsaktion
eingeleitet worden ist.
An den
Herrn Regierungspräsidenten in Breslau.
Tief erschüttert durch die Nachricht von dem schweren
Unglück, welches das schon so schwer heimgesuchte Neuroder Bergrevier durch die
Katastrophe auf der Wenceslausgrube erneut betroffen hat, bitte ich Sie, den
Hinterbliebenen der ums Leben gekommenen Bergleute den Ausdruck meiner
aufrichtigen Teilnahme und den Verletzten meine besten Wünsche für baldige
Wiederherstellung zu übermitteln. Gott gebe, dass die noch in der Grube
eingeschlossenen Bergleute gerettet werden. Als Beitrag zur ersten
Hilfeleistung für die Hinterbliebenen lasse ich Ihnen sofort einen Betrag von
10.000 RM. überweisen.
Gezeichnet
v o n H i n d e n b u r g
Reichspräsident
An Landrat Neurode,
Schlesien
In tiefster Bewegung über die Nachricht von der
Katastrophe, die durch das Unglück im Kurtschacht über Hausdorf hereingebrochen
ist, möchte ich Ihnen den Ausdruck meines herzlichsten Mitgefühls übermitteln
und Sie bitten, allen Beteiligten die aufrichtige Anteilnahme der
Reichregierung bekannt zu geben.
R e i c h s k a n z l e r D r. B
r ü n i n g
An den Herrn
Regierungspräsidenten in Breslau
An die Zentrumspartei
Tieferschüttert durch die Nachricht von dem schweren Unglück,
das so vielen braven Bergleuten den Tod gebracht hat, spricht die
Zentrumsfraktion des deutschen Reichstages den schwer betroffenen Familien
herzliche Teilnahme aus, Die Reichsregierung ist von uns um schleunige Hilfe
ersucht worden.
Perlitius. Wilkens.
An den Landrat Neurode
Eulengebirge
Mit tiefen Bedauern vernehmen ich von dem furchtbaren
Grubenunglück, das sich auf dem Kurtschacht in Hausdorf ereignet hat. Ich bitte
Sie den Hinterbliebenen der verunglückten Bergleute den Ausdruck meiner aufrichtigen
Teilnahme zu übermitteln und den Verletzten die herzlichsten Wünsche für eine
baldige Wiederherstellung auszusprechen.
gez.: Dr. Steigerwald
Reichsarbeitsminister.
An den Gemeindevorstand
in Hausdorf.
Unserer Lieblingsgemeinde und ihrer Einwohnerschaft
übermitteln wir unsere aufrichtigstes Beileid zu der ungeheuerlichen kaum
glaubhaften Katastrophe, die vielen braven Bergleuten das Leben gekostet und
tiefes Leid in zahlreichen Familien gebracht hat.
Landgemeindeverband
Niederschlesien.
An den Landrat Neurode
Eulengebirge.
Aus Anlaß des furchtbaren Grubenunglücks auf der
Wenceslausgrube bitte ich den Hinterbliebenen der Verunglückten meine
herzlichste Teilnahme auszusprechen. Viertausend Reichsmark für erste Hilfe
sind überwiesen.
Namens des
Provinzialverbandes von Niederschlesien.
Der Landeshauptmann.
An den Gewerkverein
christlicher Bergarbeiter Neurode.
Der Vorstand des Gesamtverbandes der christlichen
Gewerkschaften nimmt tiefsten Anteil an der Katastrophe, die die Neuroder
Bergarbeiterschaft betroffen. Den trauernden Familien, den Witwen und Waisen,
gilt sein innigstes Beileid. Möge Gott geben, dass die noch eingeschlossenen
Kameraden alle gerettet werden. Otte.
Den Angehörigen der Opfer dieser furchtbaren Katastrophe
die innigste Teilnahme Ortskartell der christlichen Gewerkschaften Breslau.
Walter.
Der in Berlin tagende Vorstand des Reichsarbeiterrates
der Zentrumspartei entbietet den von der großen Bergkatastrophe in Neurode
betroffenen Kameraden und den Angehörigen der Verunglückten sein innigstes
Beileid.
Ersing.
Vom Ortsausschuß des deutschen Gewerkschaftsbundes
Neurode den Angehörigen der Opfer dieser furchtbaren Katastrophe herzlichstes
Beileid.
Jödden.
Tief erschüttert durch das grauenhafte Grubenunglück,
durch welches viele Kameraden zu Tode und viele Familien um ihren Ernährer
kamen, sprechen die christlich organisierten Saarbergleute herzlichste
Teilnahme aus. Geerkverein christlicher Bergarbeiter Bezirk Saar.
Michely.
Das Kartell der christlichen Gewerkschaften Neurode spricht
hierdurch den Angehörigen der Opfer die herzlichste Anteilnahme aus.
v. Taschitzky.
Zum Grubenunglück Wenzeslausgrube in Hausdorf versichern
ihnen Arbeitskollegen innigste Anteilnahme. Ortsgruppe und Sekretariat
Langenbielau im Zentralverband christlicher Textilarbeiter.
Hauptvorstand und Hauptverwaltung im Gewerkverein
christlicher Bergarbeiter Deutschlands sprechen allen Angehörigen der Opfer des
furchtbaren Grubenunglücks herzlichste Teilnahme aus.
Imbusch.
Der Magistrat Bad Reinerz richtete an den Magistrat
Neurode folgendes Telegramm:
Herzliche Teilnahme am furchtbaren Unglück. Stellen 300
M. für Angehörige zur Verfügung.
Magistrat Reinerz.
Aus Anlaß des schweren Grubenunglücks im Neuroder Bezirk
hat auch der
M a g i s t r a t L a n d e c k dem hiesigen Magistrat durch
Bürgermeister Dr. Machon das herzlichste Beileid der städtischen Körperschaften
von Landeck ausgesprochen.
Der Magistrat Bad Landeck wird in der Saison ein
Wohltätigkeitskonzert veranstalten und den Erlös für die Hinterbliebenen der
verunglückten Bergleute überweisen.
Erste Hilfe
Die Reichsregierung und die
preußische Regierung haben dem Grubenvorstand und dem Betriebsrat anlässlich
des schweren Unglücks ihr herzliches Beileid ausgesprochen. Der Reichspräsident
hat sofort als erste Spende 10.000 Mark und das preußische Staatsministerium
100.000 Mark überwiesen.
Trauerkundgebungen des Reichstages.
Berlin, 10. Juli. Der Präsident
eröffnete die Donnerstagsitzung um 15 Uhr und gedachte, während sich das Haus
von den Plätzen erhob, der schweren
Grubenkatastrophe in Schlesien.
Bisher
sei man vergeblich bemüht gewesen, an den Ursprungsherd der Katastrophe
vorzudringen und die Ursache des Kohlensäureausbruches festzustellen. Wir
kennen noch nicht die vollen unheimlichen Ausmaße des Unglücks. Wir wissen noch
nicht, inwieweit unbeherrschbare Naturkräfte Ursache des Unglücks gewesen sind.
Wir müsse uns jetzt darauf beschränken, die Behörden um eine genaue
Untersuchung der Ursache zu ersuchen und den Angehörigen der Verstorbenen und
den Verletzten unsere Teilnahme auszusprechen, gleichzeitig aber die
Versicherung abzugeben, dass allgemeine Mittel die Not werden lindern helfen
müssen, die dieser Schlag in dem ohnehin als Elendsrevier bezeichneten Gebiet
vielen Familien zugefügt hat. Ich zweifle nicht daran, dass auch der Reichstag
bereit sein wird, bei dieser Hilfe mitzuwirken.
Aus Stadt und Kreis Neurode.
Die
kath. Kirchengemeinde Neurode und das Grubenunglück.
Das große Grubenunglück auf der
Wenzeslaus-Grube hat leider auch vielen Mitgliedern der Pfarrgemeinde Neurode
das Leben gekostet. Bis zum Tage der Beisetzung wird täglich ½ stündiges
Trauergeläut die Teilnahme der der Kirche und der Pfarrgemeinde an dem Unglück
zum Ausdruck bringen. Auch wird in allen hl. Messen der Verstorbenen gedacht
werden. Wie uns mitgeteilt wird, wird die kirchliche Beisetzung der
Verunglückten am Sonntag nach dem Hauptgottesdienst auf dem Friedhof
stattfinden. Wegen der Beerdigung fällt an diesem Tage die Predigt im
Hauptgottesdienst um 9 ¼ Uhr aus. Am Montag früh um 8 Uhr wird dann ein hl.
Requiem für die Verstorbenen gehalten werden.
Die
Aufbahrung der toten Knappen
Wird
Sonnabend von 9 bis 18 Uhr im Zechenhaus in Mölke erfolgen, um den Angehörigen
Gelegenheit zu geben, den lieben Toten nochmals zu sehen. Die gemeinsame
Trauerfeier findet Sonntag früh 8 Uhr auf dem katholischen Friedhof in Hausdorf
statt und anschließend die Beerdigung auf dem Friedhofe des Wohnortes des
Verstorbene.
Die
Verletzten im Lazarett auf dem Wege der Besserung.
Von ärztlicher Seite erhalten wir
die Meldung, dass es den 49 Verletzten im Lazarett gut geht und einige schon
das Bett verlassen haben.
Hilfe
in der Not!
Die kath. Kirchengemeinde Neurode
leitet durch den Caritasverband eine Hilfsaktion zur ersten Linderung der Not
in dem vom Grubenunglück schwer heimgesuchten Familien ein. Es stellt zur
Verfügung Pfarrer Wache 100 Mark, Caritasverband 100 Mark, Kath. Aktion 100
Mark, Verband der katholischen Vereine 100 Mark, Kirchkasse als erste Rate 100
Mk.. Spenden und Gaben werden jederzeit im Caritas-Sekretariat und im Pfarrhaus
gern entgegengenommen.
*
Es sind in den letzten Tagen so viel
freiwillige Spenden von Behörden und Privatpersonen eingegangen, dass der Kreis
der Kreis- Spar- und Girokasse unter Konto-Nr. 1509 „Gruben-Unglück Neurode“
(Postscheckkonto Breslau 3749) ein besonderes Konto errichtet hat. Weitere
Spenden sind auf dieses Konto zu überweisen.
*
Die Gorkauer Sozietäs-Brauerei
Neurode hat an die Kreis-Spar- und Girokasse für die Hinterbliebenen der verunglückten
Bergleute 1.000 RM. überwiesen.
Schützengilde
Neurode. Infolge des großen
Grubenunglücks und der damit verbundenen Trauer für den ganzen Kreis Neurode
hat die Schützengilde das für Montag, den 14. Juli angesetzte Legatschießen
aufgehoben.
Die Gruben-Katastrophe.
N e u r o d e, den
10. Juli.
„Es hat dem Herrn
über Leben und Tod gefallen, hundert und ein halbes Hundert getreuer Arbeiter…“
Lähmendes Entsetzten liegt auf der Stadt –
Einzelne Häuser haben halbmast geflaggt – einzelne; morgen werden es mehr sein.
Noch liegen die Starre des Schreckens über dem Volke und es unfähig zum Denken,
zum Handeln – Es ist ja unfassbar, was geschehen!
Als
am Mittwoch um die sechste Nachmittagsstunde die Feuersirene mit wildem Heulen
die Luft durchschnitt, da ahnte noch Niemand die fürchterliche Katastrophe, die
sich soeben in dem Hausdorfer Unglücksschacht ereignet hatte. Aber wenige
Augenblicke später wusste ein jeder: Es ist ein Grubenunglück geschehen! Wen
mag es betroffen haben? – Einen, mehrere? – Gab es Tote, ist Rettung vorhanden?
– Und nun kommen die Autos von der Unglücksstelle, eines nach dem anderen.
Zunächst waren es Personenautos mit Schwerverletzten. Dann wurden es Lastautos,
die schweigend den Weg nach dem Knappschaftslazarett nehmen. Die brachten die
Toten! Ein immer mehr anwachsender Menschenknäuel bildete sich an der Ecke
Kohle- und Majorkestraße. Noch stärker waren die Ansammlungen vor der Einfahrt
zum Knappschaftslazarett. Zunächst wurden die Namen der ersten 5 eingelieferten
Toten bekannt. Etwa anderthalb Stunden später sprach man bereits von 13 Toten.
Die Unglückszahl „Dreizehn!“ hieß es. O es gibt noch andere Unglückszahlen!
Bald zählte man 20, 30, 47, 56! Und nun erfuhr man, dass die ganze Sohle 17 des
Kurtschachtes angefahrene Mannschaft noch eingeschlossen sei und dass für sie
so viel wie keine Hoffnung auf Rettung bestünde! Hatte sich schon vorher tiefe
Niedergeschlagenheit der Bürgerschaft bemächtigt, die vereinzelt von
herzzerreißenden Wehklagen der von dem furchtbaren Verhängnis Betroffenen
durchbrochen wurde, so erfasste jetzt eine wilde Verzweiflung die harrende
Menge. Denn wenn auch der größte Teil der so tragisch ums Leben Gekommenen der
Hausdorfer Gemeinde angehörte, so waren doch auch viele, allzu viele von
unseren Mitbürgern unter den Leidtragenden, und gute Freunde und Bekannte hatte
wohl fast ausnahmslos ein jeder von uns dabei. Immer und immer wieder musste
man die Frage hören: Für was starben sie?“ „Wofür setzten sie ihr hartes,
karges Leben ein und begaben sich dauernd in die Gefahr?“ – „Für die wenigen
Mark Wochenlohn, von denen man nicht leben und nicht sterben kann?“ – O, man
konnte Vieles hören an diesem Abend. Abends und in dieser Nacht! Viel Bitteres
viel Böses, viel Wahres! Aber keine Stimme, die dem nicht zugestimmt oder gar
widersprochen hätte!
Und
diese tiefe Verbitterung wurde noch gesteigert von dem Bekannt werden besonders
tragischer Fälle. Da waren in einer Familie Vater und Sohn dem entsetzlichen
Unglück zum Opfer gefallen! Frauen, Mütter, Schwestern. Kinder und Bräute
beklagten den Verlust ihrer Ernährer, ihrer Hoffnungen, ihrer Liebe! Noch von
Glück im Unglück konnten solche reden, denen in der vergangenen Woche gekündigt
worden war die zwar ihre Verdienstmöglichkeit aber doch nicht ihr Leben
verloren hatten, da sie auf der von der Katastrophe betroffenen Sohle
beschäftigt gewesen waren.
In
der Mitternachtsstunde verlief sich die Ansammlung vor der Lazaretteinfahrt
allmählich; dagegen wuchs die Menschenmenge um die gleiche Zeit vor dem
städtischen Krankenhaus immer mehr an, da nach völliger Inanspruchnahme der
Lazaretträume die Unterbringung der noch folgenden Toten oder Verwundeten im
städtischen Krankenstift erwartet wurde.
Am
heutigen Freitag erst lässt sich das ganze, in seiner ungeheuren Tragik noch
gar nicht zu fassende Unglück übersehen. 150 Tote! Fast 50 Schwerverletzte!
Allenthalben auf den Straßen und Plätzen sieht man Menschen in Gruppen
beisammen stehen. Die Gespräche werden nicht laut geführt. An den verweinten
Augen und den betrübten Gesichtern aber erkennt man, wovon gesprochen wird, und
es bedürfte der Trauerbeflaggung nicht erst, um der Stadt ihren Stempel
aufzudrücken und jedem Fremdling zu zeigen, an welch trostloser Trauerstätte er
sich befindet!
Noch
liegt es wie eine Art von Betäubung auf den Gemütern der von der
Schreckenskatastrophe Heimgesuchten. Die ganze volle Größe und Schwere des
Schmerzes wird sich erst fühlbar machen, wenn das Bewusstsein von der
eigentlichen Tragik des Unheils, von seiner Unabänderlichkeit voll erfasst sein
wird. Wohl gibt es mancherlei Trost für die Leidtragenden, so vor allem das
Bewusstsein, dass die in ein besseres Jenseits Eingegangenen schmerzlos u. im
schönsten und erhabensten Momente des Lebens, in dem ein braver Christ und
edler Mensch zu sterben sich wünschen mag, im Augenblick voller
Berufserfüllung, das hiesige Jammertal verlassen haben. Aber wer wollte den Mut
haben, von Trost zu sprechen zu einer Zeit, in welcher die ganze menschliche
Natur sich noch aufbäumt gegen den so plötzlich und so ungerecht und sinnlos
empfundenen Schicksalsschlag! In einem Augenblick, in dem das ganze Innenleben
des Menschen, sein eigentliches Wesen zerrissen und zerschmettert wurde! Jetzt
ist noch keine Zeit für Trost. Wir sind Menschen und keine Engel. Erst wenn
unsere Natur wieder die Fähigkeit erlangt haben wird, waren Troste zugänglich
zu sein, erst ganz allmählich wird die Zeit kommen, wo wir auch das Bedürfnis
haben werden, Trost zu suchen und zu empfangen. Und dann wollen wir diesen
Trost suchen dort, wo wir ihn am besten und am wahrsten erlangen können. Und
wir werden ihn sicher finden, wenn wir ihn aufrichtig suchen.
Ein
Bericht im „Syndikalist“ Nr. 30 vom 26.07.1930
Unser
Mitarbeiter Franz Novak („Zigeuner“ wurde im Januar 1945 im KZ Groß Rosen
ermordet), der unmittelbar nach dem Unglück im schlesischen Bergbaurevier dort
weilte, schreibt uns einen erschütternden Bericht, dem wir folgendes entnehmen:
151 Tote, 40
Verletzte! Über 100 der ermordeten Bergknappen stammten allein aus dem kleinen
Hausdorf. Fast in jedem Hause ist ein Mann zu beklagen. In einem sind es neun!
Eine Familie verlor an die kapitalistische Profitwirtschaft allein drei
Angehörige mit einem Schlage. Das ganze Dorf war tage- und nächtelang ein
fürchterliches Jammertal, während profitgierige Filmmenschen nach Kräften ihr
Kapital aus der Katastrophe zu schlagen suchten. Regierer und Minister sandten
Beileidstelegramme an den Landrat von Neurode und die Grubenverwaltung. An die
Grubenverwaltung, also an die Schuldigen des Mordes! Und der Landrat – hat er eine
Ahnung vom Los der Bergkumpels? Oder etwa der Regierungspräsident in Breslau,
100 Kilometer vom Unglücksort entfernt, der von Hindenburg selber ein
Beileidstelegramm erhielt?
Vor zwei
Jahren kamen im Unglücksschacht erst acht Bergknappen um, und vor vier Jahren
schon einmal vier – durch Kohlensäure. Acht Tage vor der letzten schauerlichen
Katastrophe wurden in der 17. Abteilung bei einem Gasausbruch vier Bergleute
verletzt. Dieselben Kreise, die nichts dagegen haben, dass die Bergarbeiter von
Neurode entsetzliche Hungerlöhne beziehen, heulen heute vor Beileid.
Niederträchtiger Schwindel! Am Ende der Inflationszeit nahmen die Bergarbeiter
in einer gewaltigen Versammlung Stellung gegen das unerträgliche Elend, das
über sie kam. Es kam zu Auseinandersetzungen mit Steigern, und 34
Bergarbeiterkameraden wurden wegen Landfriedensbruch zu langmonatigen
Gefängnisstrafen verurteilt. Die Klassenjustiz kannte keine Milde.
Hauptsächlich unsere syndikalistischen Kameraden wurden getroffen. Damals
fuhren die Kumpels mit trockenen Kartoffeln in die Grube! – Eine andere
Inflationstragödie: Als bei Hungerkrawallen der damalige SPD-Landrat von den
Arbeitern etwas unsanft angefasst wurde, streckten die Staatsbüttel 14 Arbeiter
mit blauen Bohnen nieder. Danach hat kein Hahn gekräht. An den Gräbern spielten
sich, als am 13. Juli der größere Teil der Opfer verscharrt wurde, furchtbare
Szenen ab. Ein starkes Aufgebot von Gummiknüppelschwingern hielt auswärtige
Arbeiterdelegationen von den Gräbern zurück. An einem Sarge sah ich eine
fassungslose Frau, die sieben Kinder bei sich hatte. Das älteste zählte 16
Jahre. Ein Mann in Frack und Zylinder trat an sie heran, drückte einem dieser
Kinder ein Heiligenbild in die Hand und „tröstete“ die Frau mit ein paar
Jenseitsphrasen. Ich konnte mich nicht halten und sagte dem Heuchler Bescheid…
In Massengräbern liegen die bis jetzt geborgenen Kumpels. Auch unsere syndikalistischen Kameraden dabei
Eine
Etappe im Kampfe! Das Kapital hat gerade jetzt einen Generalangriff begonnen.
Arbeiten wir an unserem Werke!
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Grubenunglück auf der Rubengrube in Neurode- Kolendorf 1941 Schlesien 186 Tote
Symbolische Grabstätten der verunglückten Bergleute auf dem Friedhof Neurode.
Die Toten Knappen Sprechen
Jetzt schlafen wir den langen Schlaf,
Der Herrgott wird
uns wecken
Und wird all unser Erdenleid
Mit seiner Lieb`bedecken.-
Wir fuhren aus dem tiefen Schacht
Ein in des Todes lichte Nacht
Still, ohne Schrei und Schrecken.
Wir sind wohl wie ein Haufen, der
Beherzt am Feind geblieben.
Nun sorgt für unsre Lieben!
Wir haben unser Leben lang
Mit Stöhnen, Fluchen und Gesang
Die Stollen vorgetrieben.
Und wie dem Bauern seine Flur,
Dem Schäfer seine Weide,
Dem Jägersmann sein Jagdrevier,
Dem Imker seine Heide;
So lieb war uns der tiefe Schacht
Und seiner Kohle dunkle Pracht.
…. Und tat uns dies zuleide!
Der Knappen Leben still verrinnt
Wie Quellenlauf im Sande.
Wir sorgen treu für Weib und Kind,
Wir dienten treu dem Lande.
Wir hämmerten in langer Reih`
Und schafften mit die Heimat frei
Von fremder Last und Schande.
Ein neues Volk befährt den Schacht
In sonnenhellen Haaren,
Mit frohem Herzen, frischem Mut
Kühn trotzend den Gefahren.
Doch klopft der Kobold tief im Schacht;
Dann, junger Knappe, habe acht!
Dann kommt das letzte Fahren.
Heinrich Haslinde